MOOCs - Massive Open Online Courses
Welche Folgen der Trend zu MOOCs nach sich ziehen wird ist noch nicht absehbar. Sicher ist, dass die Entwicklung rasant voran schreitet. Während das Thema noch vor einem Jahr nur einige Experten beschäftigt hat und auch bekannte Trendstudien wie der Horizon Report bis zu seiner Studie 2013 die MOOCs in seiner 6 Jahres Vorschau nicht erwähnt hatte, haben sich MOOCs mittlerweile zum Massenphänomen entwickelt, welches es auch in den großen Printmedien wie Die Zeit auf die Titelseite (Ausgabe 12/2013 „Uni für Alle“) geschafft hat. Auch die FAZ beschäftigt sich mit den MOOCs unter der Überschrift „Globalisierung der Lehre“.
Tatsächlich ist das Phänomen nicht ganz neu. Den Grundstein legen im Jahr 2008 George Siemens und Stephen Downs, die ihren Kurs an der Universität von Manitoba zum Thema „Connectivism and Connective Knowledge“, den sie vor 25 zahlenden, eingeschriebenen Studierenden halten, auch zur kostenlosen Teilnahme über das Internet bereitstellen und hierfür erstmals den Begriff MOOC verwenden. 2.300 Teilnehmer beteiligen sich damals am ersten MOOC, welcher heute in die Kategorie der cMOOCs fallen würde. (Was ist ein cMOOC? / Was ist ein xMOOC?)
Eine neue Dynamik aber erfährt das Thema erst 2011, als Sebastian Thrun, damals Professor an der Universität Stanford, seinen Kurs Artificial Intelligence neben den 200 zahlenden „on campus“ Studierenden auch kostenlos über das Internet anbietet und in kürzester Zeit die völlig unerwartete Anmeldungszahl von 160.000 Teilnehmern erreicht. Immerhin 23.000 schließen den Kurs erfolgreich ab, unter ihnen die 400 Teilnehmer mit den besten Ergebnissen. Erst auf Platz 413 findet sich der erste Stanfordstudent. Für Thrun selbst am überraschendsten, dass auch seine Studenten angaben das Onlineformat gegenüber den Präsenzsitzungen zu bevorzugen. Thrun selbst sieht im xMOOC-Format ein in Bezug auf Lernerfolge äußerst erfolgreiches Konzept.
Nur 1,5 Jahre später gibt es mittlerweile unzählige offene Kursangebote von vielen Universitäten, noch hauptsächlich aus dem angloamerikanischen Raum.
Neben den Hochschulen und den Dozenten selbst ist eine entscheidende Gruppe der zu beachtenden Akteure in diesem Bereich die der Plattformanbieter (im Gegensatz zu den cMOOcs benötigen xMOOCs eine entsprechende Online-Plattform, welche die benötigten Funktionalitäten bereitstellt). Denn längst hat man erkannt, dass neben dem spannenden didaktischen Konzept auch ein Potential Geld zu verdienen in der Sache liegt. Das scheint der ursprünglichen Idee zu wiedersprechen. Wobei für die Anbieter fest steht, dass die Teilnahme an MOOCs auch zukünftig kostenlos erfolgen soll und Finanzierungskonzepte eher auf Freemiumkonzepte, Gebühren für Zertifikate oder den Verkauf von Nutzungsrechten für Hochschulen setzen. Mittlerweile haben sich 3 große Plattformen etabliert, coursera, Udacity, edX, welche darum kämpfen eine marktführende Stellung einzunehmen. Aus Deutschland startet aktuell das Unternehmen iversity in Zusammenarbeit mit dem Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft und will sich innerhalb des nächsten Jahres als europäische Konkurrenz zu den bestehenden Plattformen behaupten.
Daneben haben Hochschulen entdeckt welch hohen Marketingstellenwert die MOOCs besitzen. Kaum ein von Hochschulen eingesetztes Marketinginstrument hat auch nur annähernd die Reichweite der aktuellen MOOCs. Doch hier wird auf Dauer Qualität entscheidend sein. Es haben sich bereits Suchmaschinen etabliert über die Interessierte MOOCs zu bestimmten Themengebieten finden können. Da ist es nur eine Frage der Zeit ab wann hier auch Ratings der Kurse durch die Teilnehmer vorgenommen werden können. Während die ersten MOOCs noch durch ihre Einzigartigkeit allein überzeugen konnten werden sich zukünftige MOOCs einer größeren Konkurrenz gegenüber durchsetzen müssen.
Bleibt die Frage, welche Relevanz das, bislang vor allem in den USA verortete, Thema für deutsche Hochschulen hat und haben wird.
Gerade hat sich mit der TU München die erste deutsche Hochschule entschlossen eine Kooperation mit der Plattform coursera einzugehen und erste Kurse weltweit anzubieten. Es ist davon auszugehen, dass weitere Hochschulen folgen werden. Zum Teil aus der Angst getrieben hier einen wichtigen Trend zu verpassen, zum Teil motiviert durch die Entdeckung, welch unglaubliches Potential in den MOOCs steckt.
Das schwierige an der Einschätzung der Thematik ist sicherlich die Vielschichtigkeit der möglichen Betrachtungsweisen und der betroffenen Bereiche. Auf hochschulebene sehen manche den Stand der Dozenten bedroht andere sehen die Chance endlich als Dozent mit guter Lehre ins Rampenlicht rücken zu können. Während Lehre an Hochschulen bislang lediglich für die eigenen Studierenden sichtbar war, wagen sich Hochschulen nun mit Lehrprodukten nach außen und müssen nun öffentlich unter Beweis stellen, dass sie ihrem Versprechen einer hervorragenden Lehre tatsächlich gerecht werden. Das bietet Chancen für ambitionierte Dozenten aber auch das Risiko, dass sich Studierende die jeweils beste Vorlesung zu einem Fach im Internet ansehen statt im eigenen Hörsaal.
Die didaktischen Kritiker der xMOOCs bemängeln die Rückkehr zu Skinners programmierter Unterweisung, die Befürworter stellen die großen Lernerfolge in den Vordergrund. Hier bleibt zu klären auf welchen Aspekt der xMoocs diese Erfolge zurückzuführen sind. Müssen sie hierfür wirklich massiv sein oder ist es das Format der kleinen Videosequenzen (1-3 Min.) mit anschließenden Tests, auf welches sich der Erfolg gründet? Sicher ist, dass der Effekt auf Seiten des Hochschulmarketing fest mit dem Aspekt „Massiv“ verbunden ist. Sollten MOOCs also vornehmlich zur Imagepflege der Hochschulen durchgeführt werden, bleibt zu klären, wie ein breites Publikum gewonnen werden kann. Genügt hier der Name der jeweiligen Universität bzw. des Dozenten als Publikumsmagnet oder ist es hierfür notwendig auf einer der führenden Plattformen vertreten zu sein?
Es gilt also viele Fragen zu klären und dabei wird vor allem wichtig sein, die Thematik in die Hochschulen zu tragen und sich aktiv mit dieser auseinander zu setzen um sich nicht von zukünftigen Entwicklungen überrollen zu lassen sondern diese bewusst mitzugestalten.
Denn wenngleich noch keine Einigkeit darüber herrscht, wie die Effekte der MOOCs aussehen werden, so ist sich doch die Mehrheit immerhin einig darüber, dass die MOOCs einen wahrnehmbaren Einfluss auf die Hochschullehre nehmen werden, stärker als alle bisherigen Konzepte im E-Learning Bereich.
Moocs bieten ein großes Potential auf didaktischer sowie auf Hochschulmarketing-Ebene. Um dieses zu nutzen ist ein enger Austausch zwischen allen Betroffenen Instanzen nötig (Marketing, Dozenten, Hochschulleitung, Studierende) um die zukünftige Zielsetzung und entsprechende Strategie auf den Weg zu bringen.
Erste Schritte wurden hier innerhalb des KIT bereits unternommen, im Rahmen des durch das Zentrum für Mediales Lernen (vormals Fernstudienzentrum) initiierte offene BarCamp zum Thema MOOCs, innerhalb dessen 25 Teilnehmer in vier Arbeitsgruppen zu unterschiedlichen Aspekten erste Ansätze erarbeiteten.
Einig waren sich die Teilnehmer in der Einschätzung, dass MOOCs ein hohes Potential in Hinblick sowohl auf didaktische als auch auf Aspekte des Hochschulmarketings besitzen. Deutlich wurde hierbei der große Informations- und Diskussionsbedarf zu diesem Thema aber auch die generelle Bereitschaft der anwesenden Dozenten eigene MOOCs zu produzieren sowie die strategischen Entwicklungen in diesem Bereich innerhalb des KIT aktiv mitzugestalten.
Zur Unterstützung dieser Vorhaben baut das Zentrum für Mediales Lernen (ZML) seine Services in Hinblick auf didaktische sowie technische Hilfestellung bzw. Equipment zur MOOC-Produktion weiter aus.
Zusätzlich laufen die Planungen zur Teilnahme an der Ausschreibung des Stifterverbands in Kooperation mit iversity zur konkreten Produktion des ersten KIT MOOCs.
Gerne laden wir alle interessierten Dozenten ein mit uns in Kontakt zu treten um geplante MOOC-Vorhaben zu unterstützen.